Österreicher können sich von ihrem Einkommen immer weniger Wohnraum leisten
Die Corona-Krise sorgt dafür, dass sich Österreicher von ihrem Einkommen weniger Wohnraum leisten können – das zeigt eine Analyse der Bank Austria vom Jänner 2022. Dem Anstieg der Immobilienpreise tut das jedoch kaum einen Abbruch.
Die Covid-19-Pandemie hat den Anstieg der Immobilienpreise noch einmal befeuert: Nach einem Preiswachstum von durchschnittlich sieben Prozent in 2020, sind die Immobilienpreise in 2021 um mehr als 10 Prozent angestiegen. Wesentlicher Impuls der Preisentwicklung ist die hohe Nachfrage. Bei Privatkäufern ist das Bedürfnis nach Wohneigentum gestiegen, Anleger und Investoren suchen verstärkt Sicherheit in Betongold.
Immer weniger Quadratmeter mit einem durchschnittlichen Einkommen leistbar
Betrachtet man die Immobilienpreise im Verhältnis zu den Einkommen, zeigt sich eine für Käufer ungünstige Entwicklung: So verringerte sich der Wert eines durchschnittlichen Jahresnettoeinkommens real um minus 13 Prozent gemessen an den Immobilienpreisen seit Beginn der Pandemie. Einfach ausgedrückt heißt das: Für ihr Gehalt können sich Österreicher immer weniger Quadratmeter leisten.
Angestellte Arbeitnehmer verfügen in Österreich im Schnitt über ein Jahresnettoeinkommen von rund 25.000 Euro. Käufer mussten 2021 für eine 100-qm-Eigentumswohnung mehr als 15 Jahresjahresgehälter investieren, für ein Einfamilienhaus dieser Größe waren es rund 7,5 Jahresgehälter. In Vor-Corona-Zeiten mussten Österreicher beim Wohnungskauf noch rund ein Jahresgehalt weniger aufbringen, beim Hauskauf bis 1,5 Jahresgehälter weniger.
Aktuell beträgt der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen in Österreich knapp 3.900 Euro, das ist ein Plus von mehr als 500 Euro seit Pandemiebeginn. Für Einfamilienhäuser zahlen Käufer knapp 1.900 Euro pro Quadratmeter, rund 350 Euro mehr als Anfang 2020 (Statistik Austria).
Günstige Kreditzinsen fangen den Preisanstieg etwas ab
Die starke Auseinanderentwicklung von Immobilienpreisen und Einkommen begann laut Ökonomen der Bank Austria bereits mit Beginn der Finanzkrise 2008/2009. Während die Einkommen seitdem um rund 28 Prozent stiegen, verdoppelten sich die Preise von Wohnimmobilien.
Jedoch verringerten sich während dieses Zeitraums aufgrund des Zinsrückgangs auch die Kosten von Immobilienkrediten. Der Zinssatz für Wohnbaukredite mit Fixzinssatz für 10 Jahre und mehr sank von durchschnittlich 5,6 Prozent im Jahr 2008 auf 1,55 Prozent Anfang 2020. Ende 2021 rutschte der Zinssatz sogar auf 1,33 Prozent. Die sinkenden Kosten einer Fremdfinanzierung konnten den Immobilienpreisanstieg damit zumindest teilweise abfedern. Der Immobilienpreisanstieg seit 2008 reduziert sich dadurch auf knapp 70 Prozent, jener seit Beginn der Pandemie vor zwei Jahren auf 12 Prozent.
Entwicklung auf dem Immobilienmarkt hält wohl vorerst an
Obwohl es Käufern also zunehmend schwerfiel, Immobilien mit ihrem Einkommen zu finanzieren, stieg die Nachfrage weiter. Und auch für 2022 prognostizieren Experten weiter steigende Preise am österreichischen Wohnimmobilienmarkt. Jedoch wird die Preisrallye durch die voranschreitende Inflation etwas gebremst. Die Gründe laut Bank Austria-Analyse: Die Inflation treibt Investoren verstärkt in Sachwerte, bevorzugt in den Kauf von Immobilien. Dies wird die Nachfrage und Preise vorerst weiter antreiben. Vor allem bei Privatkäufern ist jedoch eine preisliche Schmerzgrenze erreicht und auch ein leichter Zinsanstieg im Laufe des Jahres ist zu erwarten, was die Nachfrage sowie den Anstieg der Immobilienpreise drosselt. Auch die von der Finanzmarktaufsicht (FMA) für Mitte 2022 geplanten Mindeststandards für die Vergabe von Immobilienkrediten könnte die Nachfrage drosseln. Die Auflagen plant die FMA, um die Bildung einer Immobilienblase in Österreich zu verhindern (mehr Infos unter Immobilienmarkt 2022).
Was heißt das für Immobilienverkäufer und Käufer?
Verkaufswillige Eigentümer sollten nicht zu lange auf steigenden Preise spekulieren und den Verkauf hinauszögern. Denn zwar ist in 2022 nicht mit deutlich steigenden Zinsen und einem starken Nachfragerückgang zu rechnen. Jedoch ist der Markt in Bewegung und Mitglieder der Europäischen Zentralbank spekulieren über die Möglichkeit einer Zinswende Anfang 2023, sollte die Inflationsrate nicht wie erwartet zurückgehen.
Und das bedeutet auch für Immobilienkäufer, dass es ratsam sein könnte, die noch anhaltende Niedrigzinsrate in 2022 für den Kauf zu nutzen. Denn selbst wenn die Preise in 2023 nicht weiter steigen sollten, würden höhere Zinsen die Finanzierung deutlich verteuern.