Österreicher zuerst: Fünf Jahre mieten, dann kaufen?
Die Bundesregierung sieht in einem neuen Gesetzesentwurf vor, Genossenschaftswohnungen bereits nach fünf Jahren den Mietern zum Kauf anzubieten. Bisher war das erst nach zehn Jahren möglich. Dabei sollen österreichische Staatsbürger bevorzugt werden und Drittstaatsangehörige nur unter gewissen Voraussetzungen kaufen dürfen. Für spekulative Immobilieninvestoren soll der Erwerb indes überhaupt nicht möglich sein.
Gute Aussichten also für Mieter von gemeinnützigen Wohnungen, in naher Zukunft womöglich schneller und vor allem günstiger an Eigentum zu kommen.
Gesetz soll vor Sommer 2019 beschlossen werden
Seit dem 18. April 2019 ist die Novelle zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) in der öffentlichen Begutachtung. Noch vor dem Sommer soll die Entscheidung fallen. Tritt das Gesetz in Kraft, sollen die geförderten Wohnungen bzw. Genossenschaftswohnungen den Mietern nach fünf Jahren erstmalig und anschließend innerhalb von 20 Jahren noch zwei Mal zum Kauf angeboten werden. Für potenzielle Käufer ergibt sich daraus ausreichend Zeit, um sich mit einer möglichen Finanzierung auseinanderzusetzen.
Gut zu wissen: Zurzeit ist ein Mindestfinanzierungsbeitrag von 70 Euro pro Quadratmeter zu leisten. Dabei wird die bisher gezahlte Miete nicht auf den Kaufpreis angerechnet. Gnossenschaftswohnungen haben im Durchschnitt knapp über 60 Quadratmeter und drei Räume. In Vorarlberg, Wien und Tirol sind die Wohnräume am größten, am kleinsten in Ober- und Niederösterreich.
Rund 1 000 Wohnungen jährlich zu kaufen
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck sieht vor, dass rund 1 000 Wohnungen jährlich ins Eigentum übergehen sollen. Damit will die Regierung die Eigentumsbildung fördern und kommt gleichzeitig der zentralen Forderung aus ihrem Arbeitsprogramm nach.
Österreicher vor!
Der gemeinnützige Wohnraum sei „in erster Linie zur Wohnversorgung österreichischer Staatsbürger und diesen Gleichgestellten gewidmet“, so der Gesetzesentwurf. Was heißt das also konkret? Nur Österreicher und Nicht-EU-Ausländer, die sich mehr als fünf Jahre durchgängig in Österreich aufhalten und Integrationsfortschritte in Form von Zeugnissen nachweisen können, dürfen kaufen. Um auch die Bürokratie zu vereinfachen, soll künftig keine Meldung mehr an die Landesregierung beim Wohnungsverkauf erforderlich sein.
Darüber hinaus soll für Drittstaatsangehörige gelten: Solange die Wohnbauförderung läuft, dürfen sie keinen Wohnraum im sozialen Wohnungsbau erwerben.
Vermietungen auf Plattformen wie Airbnb und Spekulanten verboten
Weitere Punkte sind: Wer sich für den Wohnungskauf entscheidet, darf sein Eigentum in Zukunft nicht mehr kurzfristig und gewerblich über Plattformen wie Airbnb vermieten. Denn Vermietungen zu touristischen Beherbergungszwecken sollen nach gesetzlichem Entwurf verboten werden. Ein weiteres Verbot gilt für spekulative Immobilieninvestoren: Ihnen ist es untersagt, einen gemeinnützigen Wohnraum zu erwerben. Auch soll die Wohnung erst nach 15 Jahren wieder veräußert werden dürfen – und nicht wie bisher nach zehn Jahren. Damit würde auch der Spekulationsschutz verschärft werden.
Ausnahmen: Wohnungen mit einer Nutzfläche von unter 40 Quadratmeter
Gemeinnütziger Wohnraum von unter und einschließlich 40 Quadratmeter soll als Mietraum erhalten bleiben. Damit sollen vor allem junge Menschen, Studenten und Lehrlinge weiterhin die Möglichkeit haben, sich eine Mietwohnung leisten zu können.
Kritik am Gesetzesentwurf
Auf der anderen Seite heißt es allerdings: Die Regierung wolle die Genossenschaftswohnungen privatisieren und verteuern, so die Opposition. Auch Bauträger sehen das Vorhaben eher kritisch. Martin Orner, Geschäftsführer des Bauträgers EBG, befürchtet, dass langfristig mehr gebaut werden müsse und günstige Mietobjekte fehlen. Ein Beispiel sehe er in Deutschland: Hier wurden in der Vergangenheit Sozialwohnungen früher abverkauft. Das Ergebnis: steigende Mieten – vor allem in den Ballungsräumen.
Aktuelle Lage des sozialen Wohnungsbaus in Österreich
Nicht nur deswegen schaut man aus ganz Europa neidvoll nach Wien. Das Wiener Wohn-Ticket für geförderte Wohnungsräume gilt als Best-Practice-Beispiel: Hier sind 45 Prozent des Wohnungsmarktes gefördert. 60 Prozent der Wiener wohnen im sozialen Wohnungsbau. Besonders hoch ist der Anteil mit 20 Prozent auch in Oberösterreich und Kärnten. Insgesamt verwalten 180 gemeinnützige Bauträger 653 000 Sozialwohnungen und 270 000 Eigentumswohnungen in ganz Österreich. 15 500 gemeinnützige Wohnflächen wurden im Jahr 2018 fertiggestellt.
Darüber hinaus ist 2018 eine neue Bauordnung in Kraft getreten: Demnach müssen zwei Drittel aller neuen Neubauwohnungen in die Kategorie „geförderte Wohnnutzfläche“ fallen. Dabei darf die Miete nicht mehr als fünf Euro netto pro Quadratmeter betragen.