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Wien – die Mieterstadt in Europa

Trends 10.10.2018 Kathleen Dornberger
Wien

In keiner anderen europäischen Stadt wird so viel gemietet wie in Wien: 77 Prozent des Gesamtwohnungsmarkts in Österreichs Hauptstadt sind Mietwohnungen – EU-Rekord. Das geht aus dem aktuellem Deloitte Property Index hervor. Ein Grund dafür: Im Unterschied zu anderen europäischen Hauptstädten sind die Mieten in Wien moderat.

9,60 Euro Miete pro Quadratmeter zahlt man in Wien durchschnittlich pro Monat. Im Vergleich mit anderen europäischen Grossstädten ist das nicht viel. 13,10 Euro macht die durchschnittliche Quadratmetermiete in Prag aus, 16,50 Euro sind es in München. In weit höheren Gefilden bewegen sich die Spitzenreiter London und Paris. Monatlich mehr als 26 Euro Miete waren dort im Vorjahr im Schnitt pro Quadratmeter fällig. Laut Deloitte handelt es sich dabei um die unbesteuerte Nettomiete. Sprich: Nebenausgaben wie etwa Betriebskosten sind noch nicht eingerechnet in diese Preise.

Während in der österreichischen Hauptstadt mehr als drei Viertel des Wohnraums Mietwohnungen sind, beträgt die Mietquote über das ganze Land verteilt nur rund 43 Prozent. Das offenbart nicht der aktuelle Property Index, sondern die jüngsten Erhebungen der Statistikbehörde Austria. Damit liegt Wien auch im österreichischen Vergleich mit großem Abstand an der Spitze. Mietaffiner als die Wiener sind in Europa lediglich die Genfer und die Basler: Im Kanton Genf beträgt der Mietwohnungsanteil stolze 81 Prozent, in Basel-Land sogar 83 Prozent. Die Schweiz ist als Land der Mieter bekannt.

Österreich ist verhältnismäßig günstig

Österreich bricht nicht nur mit seiner Mieterstadt Wien alle EU-Rekorde. Auch beim Neubau von Wohnungen sind die Österreicher absolute Spitzenreiter: 2017 wurde hierzulande der Bau von 8,6 Wohnungen pro 1.000 Einwohner initiiert. Auf Platz zwei folgt mit rechtem Abstand Frankreich mit 6,4 geplanten Wohnungen, Bronze geht an Polen mit 5,4 Wohnbauvorhaben. In Italien werden lediglich 0,9 Wohnungen pro 1.000 Einwohner geplant – Schlusslicht.

Wohneigentum in Österreich ist gemäß der Deloitte-Studie relativ bezahlbar. Überraschend: Die Preise für Neubauwohnungen gingen landesweit im vergangenen Jahr sogar um durchschnittlich 0,8 Prozent zurück. Für eine 70-Quadratmeter-Neubauwohnung mussten hierzulande rund sechs durchschnittliche Bruttojahresgehälter hingeblättert werden. Der Quadratmeterpreis beträgt im Schnitt 2.553 Euro.

Verhältnismäßig teuer sind Eigentumswohnungen in Tschechien mit über elf Jahresgehältern, obwohl der tatsächliche Preis einer Wohnung dort niedriger ist als in Österreich. Will heißen: Trotz eines erheblich niedrigeren Lohnniveaus kostet eine Eigentumswohnung in Prag nur unverhältnismäßig weniger als in Österreich. Auf Platz zwei nach Tschechien folgt Großbritannien mit rund zehn Jahresgehältern. Am günstigsten schneidet Belgien mit nicht einmal vier Bruttojahresgehältern ab. In absoluten Zahlen allerdings liegt Großbritannien mit 4.397 Euro pro Quadratmeter an der Spitze der europäischen Städte mit den teuersten Mieten, das Schlusslicht bildet Ungarn mit 1.154 Euro.

Großes Stadt-Land-Gefälle

Eine weitere Erkenntnis des Deloitte Property Index: Wohnungen in Städten sind nach wie vor wesentlich teurer als auf dem Land. In Wien kostete ein Quadratmeter im Schnitt 4.138 Euro, in Graz 3.089 und in Linz 2.901 Euro. Der Österreich-Schnitt liegt noch einmal 500 Euro niedriger.

Alles kein Vergleich zu den Preisen in der Londoner Innenstadt: Dort musste man pro Quadratmeter 16.512 Euro zahlen, fast das Vierfache vom Durchschnitt in Großbritannien. Es folgt Paris mit 10.697 Euro. In München, der mit Abstand teuersten deutschen Stadt, kostete ein Quadratmeter 7.500 Euro, also rund doppelt so viel wie in Wien – europaweit ist das Platz drei. München ist neben Mailand, Barcelona, Hamburg und Frankfurt ein Beispiel dafür, dass nicht immer die Hauptstadt die teuerste Stadt des Landes sein muss.

Düstere Aussichten für Mieter und Käufer

Grundsätzlich hält der Immobilien-Boom an. Der Deloitte Property Index offenbart für das Jahr 2017 ein rekordverdächtiges Transaktionsvolumen von 10 Milliarden Euro am österreichischen Wohnimmobilienmarkt.

Der Run auf Eigentumswohnungen ist demnach trotz attraktiver Mietkonditionen hoch – das anhaltende Bevölkerungswachstum vor allem in den städtischen Gebieten kommt hier zum Tragen (2014-2018: Wien 7.0%, Graz: 2.0%, Linz 3.4%). Gerade im oberen Marktsegment haben sich die Wohnungspreise auf einem hohen Niveau stabilisiert. Doch auch das Interesse am Mittel- und Niedrigpreissegment ist stark gestiegen.

Die anhaltend hohe Nachfrage treibe auch in Österreich die Preise in die Höhe, so die Erkenntnis von Deloitte. Sowohl Mieten als auch Kaufen werde künftig kostspieliger. Da sich gerade Eigentum immer mehr zu einem Luxusgut entwickle, werde der Bedarf nach günstigen Mietwohnungen steigen. Die Mietpreise in Österreich stiegen in den vergangenen vier Jahren um durchschnittlich 3.9 % pro Jahr.

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