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Wohnungsnot in Österreich wächst

Trends 16.07.2018 Kathleen Dornberger
Wohnungsnot

Wohnungsnot trotz Bauboom

Wirft man einen Blick auf die landesweite Bautätigkeit, können die gemeinnützigen Träger für 2017 durchaus auf Erfolge verweisen. Laut Verband der Gemeinnützigen Bauvereinigung (GBV), wurden binnen Jahresfrist rund 17.100 Wohnungen fertiggestellt. Das sind rund elf Prozent mehr als im Vorjahr. Im laufenden Jahr darf mit einem ähnlich guten Ergebnis gerechnet werden. Auch bei den Sanierungen liegt man in vielen Regionen über der angepeilten Quote von drei Prozent.

Als langfristige Lösung für den Mangel an leistbarem Wohnraum lassen sich die Zahlen wohl dennoch nicht lesen. So räumt Vereins-Obmann Karl Wurm in „Der Standard“ ein, dass der Anteil der geförderten Mietwohnungen an den neuen Haushalten inzwischen von rund 50 auf 37 Prozent gesunken ist. Im Ergebnis würden trotz des Booms Jahr für Jahr 7.000 Wohnungen fehlen, die nicht gebaut werden könnten.

„Langfristig ist Eigentum das günstigste Wohnen“

Während die Wohnungsnot parteiübergreifend als Problem erkannt wurde, sehen die Lösungswege sehr unterschiedlich aus. Ein interessantes Streitgespräch im „Der Standard“ lieferten sich kürzlich ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker und die Grazer Stadträtin Elke Kahr von der KPÖ. Während Kahr eine Mietrechtsreform mit festen Obergrenzen beim Mietzins forderte, lehnte Steinacker dies strikt ab. „Langfristig ist Eigentum das günstigste Wohnen“, erklärte sie und erteilte damit zugleich Kahrs Forderung nach einem Erwerb von Grundstücken für den sozialen Wohnungsbau durch die öffentliche Hand eine Absage.

Mit ihrem Fokus auf Eigentum trifft die türkis-blaue Regierung durchaus den Wunsch der Bevölkerung. Umfragen zufolge träumen vier von fünf Österreichern vom eigenen Häuschen im Grünen. Rund 17.000 erteilte Baubewilligungen 2017 belegen, dass viele diesen Traum auch leben. Denn so gering die Eigentumsquote im EU-Vergleich auch sein mag – nach Österreich mit 55 Prozent kommt nur noch Deutschland – Einfamilienhäuser stehen hoch im Kurs. Sie machen rund zwei Drittel aller Wohngebäude im Land aus.

Leistbarer Wohnraum bleibt Mangelware

Neben den damit verbundenen Problemen des Bodenverbrauchs und des steigenden Verkehrsaufkommens stellt sich allerdings die Frage, ob die Häuslebauer die Wohnungsnot in der Stadt nachhaltig lindern können. Zweifel sind angebracht, denn der leistbare Wohnraum wird dennoch knapper. Justin Kadi, Stadtforscher der TU Wien, beklagt laut „derstandart.at“, während der freifinanzierte Wohnungsbau den geförderten langsam verdränge, würden die Immobilien in Wien gerade bei ausländischen Investoren immer beliebter. Eine der Folgen: Allein von 2008 bis 2016 seien die Mieten in der Stadt um rund 40 Prozent gestiegen.

Da die Löhne bei diesem Tempo nicht mithalten, können sich viele Menschen keine Wohnung mehr leisten. Das Einfamilienhaus im Speckgürtel für rund eine halbe Million Euro ist für diese Klientel jedoch kaum eine Alternative – selbst wenn es lohnend wäre.

Missmanagement verschärft Probleme

Auch wenn das wachsende Gefälle zwischen Lohn und Miete oder Kaufpreis bei der Wohnungsnot eine zentrale Rolle spielt, alle Probleme begründet es nicht. So herrscht in Wien die paradoxe Situation, dass trotz des Mangels viele Altbauwohnungen leer stehen. FPÖ-Gemeinderat Wolfgang Aigner beklagt in diesem Zusammenhang eine „heillose Überforderung“ der zuständigen Verwaltung, was der Stadtrechnungshof bestätigt. In seinem Prüfbericht für 01/2013 bis 09/2016 heißt es, in Einzelfällen seien Vergabezeiten von bis zu zehn Jahren ermittelt worden. Dass sich die Neuvergabe einer Gemeindewohnung nach dem Ableben des Mieters bis zu einem Jahr hinzieht, wird als durchaus üblich beschrieben.

Zwangsenteignung für neuen Wohnraum möglich?

Wie es mit der Schaffung von mehr leistbarem Wohnraum politisch weitergeht, wird wohl noch lange offen bleiben. Ein Mietrechtskonvent zum Interessenausgleich zwischen MieterInnen und VermieterInnern ist erst für das zweite Halbjahr 2019 geplant. Damit liegen auch die Pläne der SPÖ zu einer umfassenden Mietrechtsreform zunächst auf Eis. Der Initiativantrag der Sozialdemokraten, dessen Behandlung ÖVP und FPÖ Ende Juni vertagt hatten, sieht ein neues Universalmietrecht vor, das sich zumindest teilweise mit Forderungen der Bürgerinitiative „Billiger Wohnen jetzt“ deckt. Die Initiative fordert ein Grundrecht auf leistbares Wohnen und schlägt eine Basismiete von 5,50 Euro/m² vor. Auch eine Abgabe auf Zweitwohnsitze und bei Leerstand soll es diesen Plänen zufolge geben.

Die schwarz-grüne Landesregierung von Vorarlberg hat kürzlich angeregt, dass unbebautes Bauland nach einer bestimmten Frist (sieben Jahre) zwangsversteigert wird. Auch in Tirol herrscht Baupflicht. Mietrechtsreform und Baulandgewinnung bergen also genug Sprengstoff, um die Landschaft Österreichs zu verändern, die politische zumindest.

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