Eigentümerversammlung: Ablauf, Stimmrecht und Stolperfallen
Die Eigentümerversammlung ist die wichtigste Zusammenkunft von Wohnungseigentümern eines gemeinsamen Wohnhauses. Dort werden Entscheidungen über die allgemeinen Teile der Liegenschaft getroffen. Formelle Fehler können dabei unschöne Folgen haben. Wir sagen Ihnen, worauf Sie unbedingt achten sollten, damit Beschlüsse gültig sind.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Eigentümerversammlung ist das geplante Zusammentreffen von Eigentümern und Verwaltung, um Entscheidungen über allgemeine Teile der Liegenschaft zu treffen.
- Damit Entscheidungen gültig sind, sind einige Auflagen des WEG zu erfüllen: u.a. müssen Mehrheiten zustande kommen, die durch Eigentumsanteile definiert sind.
- Seit 07.01.2022 gelten neue Regeln zum Zustandekommen von Mehrheiten auf der Eigentümerversammlung - siehe 4.
- Werden die Regeln zur Beschlussfassung auf Eigentümerversammlungen nicht eingehalten, sind Beschlüsse nicht gültig bzw. anfechtbar.
Inhalt dieser Seite
- Was ist eine Eigentümerversammlung?
- Was wird auf einer Eigentümerversammlung entschieden?
- Wie läuft die Eigentümerversammlung ab?
- Wann ist eine Eigentümerversammlung beschlussfähig?
- Kann man Beschlüsse der Eigentümerversammlung ändern?
- Eigentümerversammlung: Vollmacht für den Vertreter richtig ausstellen
1. Was ist eine Eigentümerversammlung?
Wer eine Eigentumswohnung besitzt, trifft sich regelmäßig mit den anderen Wohnungsbesitzern des Hauses auf einer Eigentümerversammlung. Bei der Zusammenkunft entscheidet die Wohnungseigentümergemeinschaft über Verwaltungsangelegenheiten, die gemeinsam genutzte Flächen betreffen.
Wie die Eigentümerversammlung ablaufen muss, welche Beschlüsse hier gefasst werden können, wie die Stimmmehrheit bewertet wird und alle weiteren Vorschriften rund um die Eigentümerversammlung regelt das Wohnungseigentumsgesetz, kurz WEG.
Mit dem Wohnungskauf erwirbt jeder Eigentümer das Recht, an den Eigentümerversammlungen teilzunehmen und von seinem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Wer diese Gelegenheit nicht nutzt, muss sich trotzdem an die Entscheidungen der Eigentümerversammlung halten.
immoverkauf24 Info
Entscheidungen, die auf der Wohnungseigentümerversammlung für die gemeinsamen Teile der Liegenschaft getroffen werden, sind für alle Eigentümer bindend – egal, ob diese an der Zusammenkunft teilgenommen haben oder nicht. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass alle gesetzlichen Vorgaben bei der Abstimmung eingehalten worden sind.
Wie oft findet eine Eigentümerversammlung statt?
Der Verwalter der gemeinsamen Immobilie beruft die Versammlung in der Regel alle zwei Jahre ein. Nicht immer stehen Entscheidungen an – dennoch tritt die Gemeinschaft regelmäßig zu "ordentlichen Eigentümerversammlungen" zusammen, um wiederkehrende Verwaltungsaufgaben wie die Betriebskostenabrechnung zu besprechen.
Es können jedoch auch öfter und jederzeit "außerordentliche" Eigentümerversammlungen stattfinden, wenn folgende Anforderungen zutreffen:
- Mindesten drei Wohnungseigentümer verlangen eine zusätzliche Eigentümerversammlung vom Verwalter,
- die zusammen mindestens ein Viertel der Anteile besitzen.
- Den Antrag auf eine außerordentliche Eigentümerversammlung müssen Eigentümer schriftlich und unter Angabe eines wichtigen Grundes beim Verwalter beantragen (§24 Abs. 4 WEG).
Auf welche Weise können Eigentümerversammlungen stattfinden?
Bei der Eigentümerversammlung müssen die Teilnehmer nicht persönlich anwesend sein, um von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Das WEG erlaubt auch,
- per Videokonferenz zusammen zu kommen,
- einen Stellvertreter zur Versammlung zu schicken oder
- eine schriftliche Abstimmung (WEG §24), die sogenannten „Umlaufbeschlüsse“, durchzuführen.
>> Lässt ein Eigentümer alle diese Möglichkeiten der Teilnahme ungenutzt, verliert er für die aktuelle Versammlung sein Stimmrecht und kann keinen Einfluss auf die anstehenden Entscheidungen nehmen.
Wie erhalten Eigentümer Nachricht von der Eigentümerversammlung?
Damit möglichst viele Eigentümer an der Versammlung teilnehmen können, muss der Verwalter einige Vorgaben des WEG für die Einberufung einhalten. Er muss die Wohnungseigentümerversammlung
- mit einer Vorlaufzeit von mindestens zwei Wochen ankündigen,
- und zwar schriftlich, per Post oder E-Mail.
- Die Einladung muss die Tagesordnungspunkte enthalten, also die zu beschließenden Themen.
- Zusätzlich muss das Programm an einer für alle Eigentümer gut einsehbaren Stelle im Hausflur termingerecht aushängen, etwa am Schwarzen Brett.
Auf diese Weise sorgt das WEG dafür, dass alle Eigentümer ausreichend Zeit haben, um sich zu den geplanten Tagesordnungspunkten eine fundierte Meinung zu bilden.
immoverkauf24 Info:
Über Themen, die nicht auf der Tagesordnung stehen und nicht angekündigt waren, dürfen die Eigentümer auf der Eigentümerversammlung nicht entscheiden.
2. Was wird auf einer Wohnungseigentümerversammlung entschieden?
Auf der Tagesordnung der Wohnungseigentümerversammlung stehen ausschließlich Punkte, die sich mit der Immobilienverwaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft beschäftigen. Darunter fallen Bereiche der Immobilie, die allen Bewohnern gemeinsam gehören: Innenhöfe, Fahrradabstellbereiche, Fassaden, Dach, Stiegenhaus und gemeinschaftlich genutzte Waschkeller.
Mögliche Themen der Eigentümerversammlung sind laut WEG §28:
- Wahl oder Kündigung des Immobilienverwalters
- Aufnahme eines gemeinsamen Darlehens
- anstehende Instandhaltungs-, Renovierungs- oder Reparaturmaßnahmen der gemeinschaftlichen Flächen
- Bildung finanzieller Rücklagen für gemeinschaftliche Ausgaben
- Abschluss von Versicherungen der Liegenschaft
- Änderung der Hausordnung
- Abstimmung über den Wirtschaftsplan
- Erstellung eines Energieausweises für das gesamte Haus
Auch bei den Verwaltungsangelegenheiten wird zwischen „ordentlichen“ und „außerordentlichen“ unterschieden:
- So zählen wiederkehrende Angelegenheiten, wie die Betriebskostenabrechnung, zu den ordentlichen Verwaltungsangelegenheiten.
- Außerordentliche Verwaltungsangelegenheiten befassen sich mit Themen, die ausnahmsweise bzw. in großen zeitlichen Abständen zur Debatte stehen: etwa die Erneuerung des Daches oder ein Umbau des fossil betriebene Heizung- und Stromsystems auf erneuerbare Energiequellen.
3. Wie läuft eine Eigentümerversammlung ab? > Regelung des WEG
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) legt den Ablauf der Eigentümerversammlung fest:
- Im ersten Schritt prüft der Verwalter, ob ausreichend teilnahmeberechtigte Eigentümer an der Versammlung teilnehmen, um einen Beschluss fassen zu können.
- Sind die Voraussetzungen erfüllt, eröffnet der Verwalter die Versammlung und führt durch die im Vorfeld mitgeteilten Tagesordnungspunkte.
- Danach wird die Diskussion über die Tagesordnungspunkte eingeleitet
- und im Anschluss über anstehende Entscheidungen abgestimmt.
- Die Beschlüsse hält der Verwalter in der Beschlusssammlung fest und schließt danach die Eigentümerversammlung.
Gefasste Beschlüsse und Abstimmungsergebnisse der Eigentümerversammlung müssen in einem Protokoll sowie einer Beschlusssammlung festgehalten und im Nachgang allen Eigentümern zugesendet werden. Außerdem schreibt das WEG vor, dass nach der Eigentümerversammlung das Protokoll an einem für alle Bewohner gut einsehbaren Platz im Hausflur ausgehängt wird.
4. Wann ist eine Eigentümerversammlung beschlussfähig?
Die Eigentümergemeinschaft ist nur dann abstimmungsfähig, wenn so viele Eigentümer bzw. Vertreter anwesend sind, dass mindestens zwei Drittel der Miteigentumsanteile (grundbücherliche Anteile) vertreten sind. Denn: Bei einer Abstimmung auf der Eigentümerversammlung hat nicht jede Partei dasselbe Stimmgewicht. Die jeweiligen Wohnungseigentumsanteile an der Gesamtfläche des Objektes bestimmen, wie viel Einfluss ein Eigentümer auf die Verwaltung der gemeinsamen Immobilie nehmen kann.
immoverkauf24 Info: Stimmrechte von Wohnungseigentümerpartnern auf Eigentümerversammlungen
Wenn eine Wohnung auf mehrere Eigentümer (Wohnungseigentümerpartner) eingetragen ist, erhalten diese dennoch nur eine gemeinsame Stimme auf der Eigentümerversammlung.
Wie kommen Mehrheiten auf der Eigentümerversammlung zustande?
Wie bei jeder anderen Abstimmung gilt auch bei der Entscheidung auf Eigentumsversammlungen: Die Mehrheit bestimmt. Bei der Auszählung der Stimmmehrheit geht es jedoch weniger nach der Anzahl der Personen, die sich für etwas aussprechen, sondern vielmehr um die grundbücherlichen Anteile, welche Eigentümer besitzen.
>> Ein Entschluss ist erst dann gültig, wenn dieser von Eigentümern getroffen wurde, die zusammen über die Hälfte der Anteile (mehr als 50%) besitzen. Diese Art der Abstimmung wird als „Wertprinzip“ bezeichnet. Weil die Mehrheit auf Basis ALLER Miteigentumsanteile und nicht der anwesenden Eigentümer ermittelt wird, können passive Eigentümer Entscheidungsfindungen blockieren. Daher erlaubt das WEG in § 24 Abs 4 seit 01.07.2022 eine neue Form der Beschlussfassung:
immoverkauf24 Info: Neuerung zu Mehrheiten auf Eigentümerversammlung
Seit dem 1. Juli 2022 erkennt das WEG im Zuge der WEG-Novelle 2022 zusätzlich Beschlüsse als rechtskräftig an, die durch zwei Drittel der abgegebenen Stimmen zustande gekommen sind. Diese Art der Abstimmung bezeichnet man als „Kopfprinzip“. Voraussetzung ist jedoch, dass die zwei Drittel der Eigentümer mindestens ein Drittel der gesamten Miteigentumsanteile besitzen. Durch die Neuerung werden also die für einen gültigen Beschluss notwendigen Miteigentumsanteile von der Hälfte auf ein Drittel der grundbücherlichen Anteile reduziert und die Anzahl der abstimmenden Personen relevanter.
5. Kann man Beschlüsse der Eigentümerversammlung ändern?
Eine Entscheidung auf der Eigentümerversammlung ist nach WEG nur dann gültig, wenn alle gesetzlichen Anforderungen bei der Eigentümerversammlung erfüllt wurden. Ist das nicht der Fall, können Eigentümer den Beschluss vor Gericht anfechten und ggf. eine Änderung oder Neuabstimmung erwirken. Formelle Fehler können u.a. sein:
- Die Beschlüsse wurden nicht mit der gesetzlich festgeschriebenen Mehrheit der Eigentumsanteile gefasst.
- Die Beschlussfindung während der Eigentümerversammlung oder eines Umlaufbeschlusses weist formelle Mängel auf.
- Andere Gesetze wurden bei der Entscheidung missachtet.
Liegt ein Verfahrensfehler bei einer ordentlichen Eigentümerversammlung vor, können Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft den Beschluss innerhalb eines Monats ab Aushang des Protokolls anfechten.
Für Beschlüsse, die im Rahmen einer außerordentlichen Versammlung gefasst worden sind, gilt sogar eine Frist von drei Monaten. Begeht der Verwalter den Fehler und informiert die Eigentümer nicht vorschriftsmäßig über die Beschlüsse – lässt ihnen diese also nicht schriftlich zugehen – haben Eigentümer sogar das Recht, bis zu einem halben Jahr nach dem Beschluss Einspruch einzulegen.
WICHTIG: Der Verwalter muss beim Übersenden des Beschlusses darauf hinweisen, dass die Anfechtungsfrist mit dem Zeitpunkt des Anschlages im Haus beginnt. Dabei muss er sowohl das Datum des Anschlags als auch das sich daraus ergebende Ende der Anfechtungsfrist angeben.
6. Vertretung in der Eigentümerversammlung? Nur mit Vollmacht
Wer nicht selbst an einer Eigentümerversammlung teilnehmen kann, darf eine Person seines Vertrauens mit der Vertretung beauftragen. Die Stimme des Vertreters ist aber nur dann gültig, wenn der Eigentümer diesen mit einer schriftlichen Vollmacht ausgestattet hat. Allerdings lässt das WEG Spielräume: Besitzt der Vertreter am Tag der Wohnungseigentümerversammlung noch keine Vollmacht, hat er noch zwei Wochen Zeit, diese beim Verwalter der Immobilie nachzureichen. Doch aufgepasst: Die Vollmacht darf nicht älter als drei Jahre sein, andernfalls ist sie ungültig.